Ich muss leider alle enttäuschen, die sich einen langen Geburtsbericht inklusive Presswehen erhofft haben. Denn die Geburt an und für sich war kurz. Ungefähr fünf Minuten ging es, dann war der Babybruder da. So schnell hatten sie ihn per Sectio aus meinem Bauch geholt. Ja, der Kleine war ein geplanter Kaiserschnitt und ich stehe dazu. Allerdings kam eine kleine, spezielle Komponente dazu. Aber mehr darüber später.
Lasst mich zuerst darüber schreiben, wie es zur Entscheidung kam, mein zweites Kind per Kaiserschnitt auf die Welt zu bringen. Der Grund dafür liegt ganz klar bei der Geburt von Klein C. Glaubt mir, ich hatte wirklich alles versucht, sie normal zur Welt zu bringen. Und habe es nicht geschafft. Da auch viele Bald-Mamas diesen Blog lesen, verzichte ich auf die unschönen Details und nenne nur einige Stichworte: Einleitung, Wehentropf, grosser Blutverlust, Wehen im Minutentakt, nicht funktionierende PDA, 20 Stunden, Geburtsstillstand, Vakuum, schwere Geburtsverletzung, langwierige Beckenbodenprobleme. Nie im Leben werde ich den Satz vergessen: „Das Kind muss auf die Welt, jetzt. Entweder per Saugglocke oder der Notkaiserschnitt unter Vollnarkose!“
Wie überstehe ich nur eine zweite Geburt?
Lange hielt mich diese Geburt davon ab, an ein zweites Kind zu denken. Dann irgendwann kam zwar der Kinderwunsch und ich setzte mich intensiv damit auseinander, wie mich mein zweites Kind bekommen wollte. Traumabewältigung hatte ich probiert – aber irgendwie ging es mir nur nach jeder Massnahme schlechter. Irgendwann akkzeptierte ich, dass wohl nur die Zeit die physischen und psychischen Wunden heilen würde.
Und ich realisierte, dass ich nicht noch einmal so gebären wollte. Als meine Gynäkologin von sich aus die Option eines Kaiserschnittes aus medizinischen Gründen auf den Tisch brachte, war ich um ehrlich zu sein erleichtert. Nein, ich wurde nicht unter Druck gesetzt. Sie liess mir beide Optionen offen. Erklärte mir aber, dass es in meiner Situation durchaus legitim sei, sich für einen Kaiserschnitt zu entscheiden, um den Beckenboden zu erhalten.
Ich liess mir lange die Option offen, doch noch spontan zu gebären. Schliesslich weiss man nie, was die Schwangerschaftshormone so alles mit einem anstellen. Doch je näher der Geburtstermin rückte, desto sicherer wurde ich mir, die richtige Entscheidung gefällt zu haben. Das einzige was mir leid tat: Dass der Kleine wahrscheinlich einfach so auf die Welt kommen würde, ohne jemals eine Wehe gespürt zu haben.
Das Spital setzte den Termin relativ knapp bei 39+1 Wochen an. Ich sah darin eine Chance. In langen Gesprächen erklärte ich dem Babybruder, dass es im frei stände, jederzeit vorher zu kommen, falls er seinen Geburtstermin doch noch selbst entscheiden wolle.
Babys haben ihren eigenen Kopf
Und das wollte er tatsächlich. Am Abend vor dem Termin wurden meine Wehen immer stärker und kamen etwa alle fünf Minuten. Allerdings dauerten sie noch nicht lange genug, dass ich es für nötig hielt, im Spital anzurufen. Dafür warnte ich den Papa, der Klein C. gerade zu ihren Grosseltern brachte, vor, dass er eventuell direkt ins Spital kommen müsse. Auf dem Beitragsbild seht ihr übrigens, wie ich mich von Klein C. verabschiede. Im Wissen, dass sie danach nicht mehr mein einziges Kind sein würde. Ein sehr intensiver Moment, den der Papa zum Glück festhielt.
Wir warteten die Nacht dann doch noch ab. Dass ich Wehen hatte, bestätigte das CTG am nächsten Tag. Wir mussten dann relativ lange auf den Kaiserschnitt warten, da an diesem Tag wohl sehr viele Babys zur Welt kommen wollte. Also gingen wir nochmal spazieren. Was die Wehen nochmal intensivierte. Als mich die Hebammen durch die Wehen atmen sahen, wurden sie langsam nervös. Der Untersuch zeigte, dass sie muttermundwirksam waren. Und dann wurde ich auch schon in den OP gebracht.
Es gibt Frauen, die den Kaiserschnitt nicht als richtige Geburt erleben. Das war bei mir überhaupt nicht der Fall. Ich weinte ununterbrochen vor Freude, konnte es kaum erwarten, den Kleinen endlich zu sehen. Das Ganze war eine sehr kurze Sache: Schwups war er da und schrie. Und ich war einmal mehr der glücklichste Mensch auf der Welt.
Viel fitter als gedacht
Nach der Operation ging es mir sehr gut. Die Schmerzen hielten sich im Rahmen, die Erschöpfung einer normalen Geburt fiel weg und ich konnte schon wenige Stunden später wieder aufstehen. Nach Klein C.s Geburt war ich ein Wrack, dieses Mal fühlte ich mich total wohl und konnte mich auf das Wesentliche konzentrieren: intensives Bonding und das erste Stillen.
Sicher, für viele mag es paradox klingen: aber diese zweite Geburt versöhnte mich mit dem Schrecken der Ersten. Die Wunde im Bauch hatte eine heilende Wirkung auf meine Seele. Denn dieses Mal wurde nicht über meinen Kopf hinweg entschieden – weder bei der Geburt, noch im Wochenbett. Ich entschied, wie der Babybruder zur Welt kam. Ich entschied, wie lange ich kuschelte. Wieviel ich stillte. Wann ich eine Stillberaterin oder die Hebamme sehen wollte. Wann und wieviel Besuch ich empfangen wollte. Hatte die Energie, mich für meine Wünsche einzusetzen.
Und auf das kommt es doch an: nicht, ob wir vaginal oder per Kaiserschnitt gebären. Sondern, dass wir selber über den Verlauf der Geburt und der ersten Tage mit unserem Kind entscheiden können.
6 comments
Vielen Dank für diesen Geburtsbericht. Er macht Mut. Meine Tochter habe ich nach einem Geburtstillstand per Kaiserschnitt zur Welt gebracht. Es war eine schreckliche Situation: die Schmerzen und Erschöpfung durch die angefangene und nicht beendete natürliche Geburt plus die OP. Ich war fix und fertig. Nun bin ich wieder schwanger und denke auch über einen geplanten Kaiserschnitt nach. Was mich dabei nur traurig macht ist die Tatsache, dass ich es mir doch nehme eine natürliche Geburt zu erleben, aber die Angst ist groß.
Danke für den tollen Beitrag! Ich hatte selbst einen geplanten Kaiserschnitt (aus einem anderen aber nicht weniger legitimen Grund) und habe diesen auch als etwas sehr schönes erlebt.
Ach und das Bild! Noch wunderschöner mit diesem Hintergrundwissen darüber. <3
Geniesst eure Zeit!
Für mich war meine zweite Geburt ebenfalls sehr heilsam, da die erste auch nicht soooo perfekt lief…. Selbstbestimmt zu Hause war für uns das schönste der Welt. <3 schön können wir wählen 🙂
Danke für diesen tollen und ehrlichen Bericht. Gruss Miriam
[…] der Frühschwangerschaft, spätestens wohl nach der Hälfte verloren. Und allerspätestens bei der Geburt wären wir ohne Hilfe beide […]
Danke für diesen Bericht. Ich stehe gerade auch vor der selben Entscheidung, nach einer sehr ähnlichen Erfahrung bei der 1. Geburt und mit meinem Beckenboden. Du sprichst mir aus der Seele und machst mir Mut. 🙂