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Wieviel Medizin braucht die Schwangerschaft?

by Deborah

Immer wieder lese ich in den Medien, dass Schwangerschaft und Geburt „übermedizinisiert“ seien. Also, dass die Schwangerschaft viel zu engmaschig betreut wird, zu oft Medikamente verabreicht werden, und viel zu häufig in den natürlichen Geburtsverlauf eingegriffen wird. Und es sind nicht nur die Medien: in diversen Facebook-Gruppen lese ich von Frauen, die auf Ultraschalluntersuchungen, Diabetestest und die Rhesus-Prophylaxe bewusst verzichten.

Lange habe ich mir überlegt, ob ich einen Artikel zu diesem Thema schreiben soll. Im Bewusstsein, dass ich dadurch möglicherweise einen Shitstorm auslöse. Trotzdem ist es ein Thema, das mich immer wieder beschäftigt.

„Die Natur hat es so vorgesehen“

Es wird oft argumentiert, dass Frauen seit Jahrtausenden schwanger sind und gebären. Dass die meisten Frauen irgendwann während einer Geburt ums Leben kamen, vergisst man viel zu schnell. Ich weiss, wovon ich spreche. Ich hatte zwei komplikationsreiche Schwangerschaften und eine schwere Geburt.

Bei Klein C. zeichnete sich schon früh eine Schwangerschaftsvergiftung ab. Zudem litt ich unter schwerer Schwangerschaftsübelkeit und hatte ab Woche 20 viel zu häufige und starke Vorwehen. Ohne medizinische Intervention hätte ich C. vielleicht schon in der Frühschwangerschaft, spätestens wohl nach der Hälfte verloren. Und allerspätestens bei der Geburt wären wir ohne Hilfe beide gestorben.

Auch das erste Trimester mit dem Babybruder hätten wir – bedingt durch Hyperemesis Gravidarum – wohl nicht überlebt. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie dankbar ich war, dass ich auf ein sehr starkes Medikament zurückgreifen konnte, dank dem ich immerhin wieder Wasser bei mir behalten konnte.

Wir sind unglaublich privilegiert

Sicher, jede Frau muss das Recht haben, über ihren eigenen Körper zu bestimmen. Aber wenn es um die Gesundheit ihres ungeborenen Kindes geht, sollte sie diesem Priorität einräumen. Stellt euch nur vor, euer Baby hat einen Herzfehler, der unmittelbar nach der Geburt operiert werden muss. Ihr wisst aber nichts von diesem, weil ihr auf alle Ultraschall-Untersuchungen verzichtet habt und entscheidet euch für eine Hausgeburt…

Manchmal vergessen wir einfach, wie privilegiert wir punkto Gesundheitsversorgung hier in der Schweiz sind. Vor einigen Jahren habe ich drei Monate in Laos gearbeitet. Nach wenigen Tagen riss ich mir die Bänder. Ich ging in ein Krankenhaus voller Katzen und Ratten, musste in ein Zentrum für Minenopfer um Krücken zu bekommen und eine gute Freundin nach Thailand schicken, um mir Schmerzmittel zu kaufen. Die lokalen Apotheken verkauften zwar Medikamente – man konnte sich aber nicht sicher sein, ob die Inhaltsstoffe tatsächlich der Packungsbeilage entsprachen.

Damals habe ich die medizinische Versorgung in der Schweiz schätzen gelernt. Inzwischen bin ich dafür unendlich dankbar. Denn dank unser Gesundheitssystem hat es mir ermöglich, zwei gesunde Kinder auf die Welt zu bringen.

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