Sich selbst zu verlieren, ist als Mama so einfach. Es gibt immer 10 Millionen Dinge für die Familie zu erledigen. Büechli anschauen, Baden, Wickeln, Putzen, Wäsche machen, Aufräumen, Steuererklärung machen, Rechnungen bezahlen. You name it. Und das Ganze natürlich neben meiner Arbeit, bei der ich drei Mal pro Woche zwölf Stunden aus dem Haus bin.
Vor einiger Zeit habe ich darüber geschrieben, wie unglaublich erschöpft ich sei, seit ich wieder arbeiten ging. Ich war unglaublich müde, konnte aber gleichzeitig nicht mehr schlafen. Selbst wenn mich der Babybruder mal schlafen liess. Ich nahm mir eure vielen Kommentare zu Herzen. Und beschloss, dass ich mehr auf mich schauen musste, wenn ich nicht irgendwann in einem Burnout enden will.
Die perfekte Wohnung? Total überbewertet!
Meine erste Handlung: ich reduzierte das Aufräumen. Ihr müsst wissen, wenn C. in der Wohnung ist, sieht es nach einer halben Stunde aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Der Babybruder hilft inzwischen auch ganz gut mit, denn er hat das Aufräumen für sich entdeckt. Bisher hatte ich die Wohnung immer auf Vordermann gebracht, wenn die Kinder im Bett waren.
Inzwischen sage ich mir bewusst manchmal (ganz im Kita-Jargon): „Nein, stopp! Das kann auch bis morgen Abend warten.“ Und setze mich vor Netflix, wasche meine Haare oder gehe Joggen. Dieser bewusste Entscheid zur Unordnung hatte übrigens einen sehr positiven Nebeneffekt. Inzwischen ist Klein C. einige Male über ihre Spielsachen gestolpert oder auf ihren Büchern ausgerutscht. Und hat danach selbstständig angefangen aufzuräumen.
Meine zweite Handlung: ich habe den Mann stärker in die Pflicht genommen. Nein, er ist kein fauler Pascha, ganz im Gegenteil. Er ist auch der Meinung, dass die Haus- und Kinderarbeit gleichberechtigt aufgeteilt werden soll. Nur ist er sehr chaotisch und ignoriert oft, dass gewisse Dinge im Haushalt zu tun wären. Dies hat hauptsächlich mit der Wäsche zu tun. Er vergisst nämlich, dass unsere Kinder auch täglich schmutzige Kleidung haben und sich die Wäsche allgemein nicht von alleine zusammenfaltet und verräumt. Seit wir ein ernstes Gespräch miteinander führten, hat sich die Situation gebessert. Und während dieses Gespräches meinte er dann auch: „Jetzt schau doch einfach mal mehr auf dich. Geh raus, tu etwas, das dir Freude macht!“
Auch mal über Nacht weg – trotz Stillen
Und dabei wären wir bei meiner dritten Handlung: Ich hab den Mann beim Wort genommen und zuerst bei der Arbeit eine dreitägige Geschäftsreise nach Weissrussland zugesagt. Ich kann mich um ehrlich zu sein nicht daran erinnern, wann ich vorher zum letzten Mal über Nacht weggegangen bin. Obwohl der Mann mir ja immer wieder gesagt hat, ich solle dies Mal tun. Das Resultat? Es war wunderbar. Die Nächte waren zwar auch kurz, aber ich habe durchgeschlafen. Bin gereist, habe neue Dinge entdeckt, war einfach mal wieder Journalistin und nicht Mama.
Klar, ich habe meine Familie wahnsinnig vermisst. Aber dafür gibt es ja Facetime. Und der Mann hat es wunderbar mit den Beiden alleine gemeistert. Ich hatte volles Vertrauen in ihn und das hat sich ausgezahlt. Und wie war das mit dem Stillen? Ja, ich stille immer noch. Lange Zeit dachte ich, eine räumliche Trennung über Nacht wäre deshalb nicht möglich. Mit nach Minsk kam die Pumpe. Der Babybruder bekam Milch aus der Gefriertruhe. Und als ich zurückkam, klappte alles wie zuvor.
Seither gehe ich immer mal wieder an Events, treffe mich mit Freundinnen und der Mann und ich gingen sogar an einem Abend gemeinsam zusammen essen. Es war unser fünfter Hochzeitstag und wir wagten das Experiment mit einem Babysitter. Auch das klappte wunderbar.
Ich merke, dass ich ein ausgeglichener Mensch werde, umso mehr ich mich wieder um mich selber kümmere. Selbstliebe und die Tatsache, die Kinder auch mal zu vermissen, machen mich zu einer besseren Mutter. Ich bin weniger schnell genervt und geniesse die Zeit mit meinen Kindern ganz bewusst.
1 comment
Danke für den ehrlichen Bericht. Er spricht mir aus der Seele!