Das Fragezeichen im Titel ist bewusst gewählt. Eigentlich hätte ich es auch durch ein „nicht“ ersetzen können – auch wenn das viele Männer wohl nicht gerne hören. Schon im Bauch war klar, dass der Babybruder das sensiblere meiner beiden Kinder werden würde. Während seine Schwester kickte wie wild und schnellen Hiphop liebte, zeichnete sich der Babybruder durch sanfte Bewegungen und einen Hang zu Salsa aus.
Kaum auf der Welt, bestätigte sich meine Vermutung. Der Babybruder hat definitiv das zartere Wesen. Nicht nur, weil er um einiges kleiner und leichter war als seine grosse Schwester. Nein, er war von Anfang an auch das viel kuschligere Kind und hatte schlimme Bauchschmerzen. Sein ausgeprägtes Nähebedürfnis und seine Gesundheit sind Themen, die uns bis heute beschäftigen.
Schlaf, Nähe, Frustrationstoleranz
Er schlief lange Zeit nur auf meinem Bauch, nur getragen fühlte er sich wohl. Die grosse Schwester liess sich problemlos an allen möglichen Orten ablegen und schlief schon mit einem Monat durch. Der Schlaf des Babybruders ist inzwischen besser geworden. Er weckt mich nicht mehr im Stundentakt.Von Durchschlafen sind wir allerdings noch weit entfernt, von einer Ausnahme mal abgesehen.
Klein C. ist ein toughes Mädchen, war sie schon immer. Fällt sie um, steht sie auf und rennt weiter. Auch wenn sie sich dabei ihre Knie blutig geschlagen hat. Wenn der Babybruder hinfällt – was in seiner Lauflernphase gerade ziemlich oft geschieht – weint er bitterlich. Er muss getröstet und herumgetragen werden. Auch wenn es beim Sturz mehr um Frustration als um Schmerz geht. Allgemein tut er sich schwer mit Frustrationen und mit „Neins“. Er kann ganz ganz fest und mit ohrenbetäubendem Geschrei schimpfen.
Die Lösung für des Babybruders schlechte Laune ist auch mit 14 Monaten noch das Tragen. Kaum auf meinem Rücken ist er glücklich, gluckst herum und lotst mich mit „da“ und ausgestrecktem Zeigefinger zu den Objekten seiner Begierde. Das ist manchmal sehr anstrengend. Auch wenn er für sein Alter ein Leichtgewicht ist, so wiegt er trotzdem keine drei Kilo mehr. Es gibt Tage, an denen mir die Energie fehlt und ich mir wünschte, ich könnte ihn einfach auf dem Boden lassen. Aber dann trinke ich einen extra Kaffee, spreche mir Kraft zu und binde ihn mir auf den Rücken.
Ich stelle seine Bedürfnisse ganz klar vor meine. Wohl wegen seines Nähebedürfnisses habe ich ihn viel länger gestillt als seine Schwester. Fast elf Monate lang, bis ich körperlich an meine Grenzen kam. Zum Glück akzeptierte der Babybruder die Flasche gut und wir kuschelten weiter.
Und die Vater-Sohn-Beziehung?
Manchmal tut sich der Papa schwer damit, dass sein „Stammhalter“ ein solches Sensibelchen ist. Er, der sich unbedingt einen Jungen gewünscht hat, fällt oft in die Genderfalle zurück. Er beschwert sich darüber, dass der Babybruder vom starken Mann soweit entfernt sei, wie Pluto von der Sonne. Er ist der Meinung der Kleine müsse tougher sein (mindestens so tough wie seine Schwester), nur weil er ein Y-Chromosom hat.
Es wäre ja nicht so, dass der Papa ein Sinnbild von von Machotum wäre. Er ist sehr sensibel und mag statt Bier lieber Cocktails mit bunten Schirmchen (Pssssst, das will er eigentlich nicht hören. Offiziell liebt er dunkles Bier). Ich liebe ihn dafür. Wehe, er hat eine Männergrippe, Hunger oder zu wenig geschlafen. Dann habe ich drei kleine Kinder zu Hause. Obwohl… eigentlich jammert der Papa für zwei. Ich behaupte, der Babybruder kommt einfach nach seinem Erzeuger.
Zudem glaube ich, dass das Unglück des Babybruders oft von seinen gesundheitlichen Problem kommt. Denn auch beim Thema Krankheit ist er definitiv der Angeschlagenere von unseren beiden Kindern. Mehr dazu ein anderes Mal…