Mein Kind, sprich die Vierjährige, hat immer mal wieder ganz tolle Ideen. Sie will ins Ballett, in den Schwimmkurs, Klavier lernen, Märlitram fahren oder mit der Grossmutter Schlittschuhe kaufen gehen. Keine grosse Sache, denkt man als erwachsene Person. Und freut sich darüber, dass sich das Kind selbst fördern will, neue Interessen entdeckt und langsam aber sicher selbstständig wird. Also setzen die Eltern alles daran, dem kleinen Mädchen seine Träume zu erfüllen. Googlen stundenlang, welches wohl der beste Schwimmkurs sei, zitieren die Oma nach Zürich und stürzen sich heroisch mit zwei kleinen Kindern ins Gewühl der Bahnhofstrasse, weil man ja die Märlitram-Tickets ja nur direkt im grossen Kaufhaus, welches als Sponsor auftritt, kaufen kann.
Und dann… folgt statt leuchtender Augen und überschwinglicher Dankesbekundungen die Ernüchterung. Oder auch schon mal das Geschrei. „Ich habe Angst, ich will das nicht“, lautet der Grundtenor solcher Situationen in denen sich C. wohlgemerkt aus eigenem Wunsch befindet. Und wir Eltern? Fallen aus allen Wolken. Wieso genau will das Kind das nicht, obwohl es sich die Sache so sehnlichst gewünscht hat?
Erste Reaktion (ja theoretisch sollte es Verständnis sein, aber bleiben wir realistisch…): „Das kann doch nicht wahr sein!“ Gefolgt wird dieser Gedanke von diversen Überzeugungs- und ja, tatsächlich auch von Bestechungsversuchen. Irgendwie muss man das Kind ja zum Mitmachen / Einsteigen bewegen können. Die zweite Reaktion: Scham. „Wieso machen da alle anderen Kinder problemlos mit, nur mein Kind nicht? Was haben wir als Eltern bloss falsch gemacht?“ Dann ist der taktische Rückzug angesagt. Schnell den Ort der Schande verlassen.
Unterwegs die Investigation: „Sag mal C., weshalb wolltest du das eigentlich nicht“ – „Weiss du Mama, das waren die falschen Engel.“ – „Weisst du Mama, ich mache das viel lieber mit dir.“ – „Weisst du Mama, ich bin traurig, weil ich keine richtige Elsa habe.“ „Weiss du Mama, die hatten da keine Smarties.“ Sprich, in dieser Situation können wir als Eltern nur raten, was gerade im Kopfe des Kindes vorgefallen ist.
Es ist nicht einfach, vier Jahre alt zu sein
Ja, es muss schwierig sein, eine schüchtern Vierjährige zu sein. So viele neue Eindrücke, so viele neue Dinge, die es jeden Tag zu lernen gibt. Und die man eigentlich auch lernen möchte. Aber manchmal, ja manchmal, gibt es Tage an denen einem nur schon die Tatsache, dass man die Schuhe alleine anziehen soll, zu viel wird. Vielleicht liegt es am Vollmond, daran, dass man zu wenig geschlafen hat oder schlichtweg daran, dass die Erwartungen zu hoch waren. Und was macht man nun als Elternteil? Ich will es mal mit einem Spruch von einem Frühstücktablett zitieren: „Hinfallen, Krone richten, weitergehen.“
Ich möchte betonen, dass es durchaus Dinge gibt, die C. sich traut und uns dabei überrascht: An ihrem Geburtstag im Kinderzoo Rapperswil etwa ging sie nicht nur ganz alleine zum Seelöwen. Nein, sie gab ihm sogar einen Kuss. An guten Tagen geht sie nur mit einer befreundeten Mutter schwimmen – ganz ohne Mama. Und wenn es darum geht, sich im Hippster-Restaurant lautstark darüber zu beschweren, dass ein Durchgang blockiert sei und dafür einen Sirup vom Kellner zu bekommen, ist unsere Tochter ganz vorne mit dabei. Wir wissen nie, ob wir auf die mutige oder auf die ängstliche C. treffen. Es bleibt also herausfordernd…