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Die Geburt von M. – wenn alles anders kommt als geplant

by Deborah

Wer diesen Geburtsbericht verstehen will, muss weit zurück gehen. Vielleicht bis zur Geburt von C. vor sechs Jahren. Zumindest aber bis zur Geburt von L. vor knapp vier Jahren. Mein erster Sohn kam durch einen geplanten und gewünschten Kaiserschnitt zur Welt (weshalb lest ihr hier). Diese Entscheidung fühlt sich auch nach langer Zeit noch richtig an, durch das Trauma meiner ersten Geburt hätte ich nicht angstfrei gebären können.

Der Wunsch nach einer Spontangeburt

Dieses Mal war alles anders. Schon bevor ich den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt, reifte in mir der Wunsch, mein drittes Kind spontan zu gebären. Und zwar so, wie man es immer von Mehrfachgebärenden liest: Möglichst interventionsfrei, schnell, kraftvoll. Mit der fortschreitenden Schwangerschaft wurde dieser Wunsch immer stärker. Und alles unterstützten meinen Wunsch: Mein Mann, meine Ärztin, das Spital. Niemand sah auch nur einen Grund, der dagegen sprechen könnte, niemand legte mir Steine in den Weg.

Also tat ich alles Mögliche und Unmögliche um mich optimal auf die Geburt vorzubereiten: Hypnobirthing, Louwen-Ernährung, Datteln, Heublumensitzbäder, um nur einige davon zu nennen. Ich war komplett angstfrei, freute mich auf eine wunderschöne Geburt – bis zum Ende der 38. Schwangerschaftswoche.

Narbenschmerzen und eine überraschende Wendung

An einem Donnerstag war ich im Spital zur Schwangerschaftskontrolle. Die Ärztin fragte mich, ob es in Ordnung wäre, die Dicke meiner Gebärmutterwand zu messen. Es komme nach Kaiserschnitt zur extrem selten vor, dass diese zu dünn für eine Spontangeburt sei. Aber sie würde lieber auf eine Nummer sicher gehen. Ich stimmte zu, eine zusätzliche Absicherung schien mir vernünftig. Zudem vertraute ich meinem Körper komplett, der letzte Kaiserschnitt war ja schon fast vier Jahre her, es bestanden keine zusätzlichen Risikofaktoren.

Was dann passiert, liess mich aus meinen rosaroten-Zuckerwatten-Wolken fallen. Meine Gebärmutterwand war zu dünn. Und zwar einiges unter der Grenze, um spontan zu gebären. Ich schaute die Ärztin entgeistert an. Sie sah meine Verzweiflung. Versprach, während ich auf die Ergebnisse meiner Blutuntersuchung wartete, eine Zweitmeinung einzuholen. Doch eigentlich war der Fall für mich zu diesem Zeitpunkt klar: M. würde per Sectio auf die Welt kommen. Das Risiko einer Gebärmutterruptur konnte ich mit diesem Wissen nicht eingehen.

Was ich bisher noch nicht geschrieben habe: Ich hatte die ganze Schwangerschaft hindurch Narbenschmerzen. Zunächst im aushaltbaren Rahmen und nur bei Belastung der Bauchmuskeln. Ab der 20. Schwangerschaftswoche hingegen so stark, dass mir vom Schmerz schwindelig wurde und ich mich hinlegen musste. Und das je länger je mehr. Gegenüber meiner Ärztin hatte ich dies zwar ab und zu erwähnt. Sie nahm es allerdings mehr zur Kenntnis im Sinne von „Das kommt halt manchmal vor“. Nun wusste ich, dass mein Körper versucht hatte, mich zu warnen. Und ich ihn in meiner rosaraten-Zuckerwatten-Wolken-Geburtsvorbereitung einfach ignoriert hatte.

Mein Bauchgefühl hatte recht gehabt

Natürlich empfahl auch die zweite Ärztin einen Kaiserschnitt, aufgrund meiner Narbenschmerzen lieber früher als später. Und so hatte ich eine Woche Zeit um mich und mein Baby auf die Geburt vorzubereiten. Auch wenn ich wusste, dass der Entscheid der richtige war, weinte ich viel. Nahm Abschied von meiner Idealvorstellung der Geburt. Versprach meinem Baby, dass wir eine gute Geburt haben würden – nur halt etwas anders als eigentlich vorgesehen.

Und ja, die Geburt war wunderschön. Das ganze OP-Team ging sehr sensibel mit mir um, es wurde auf meine Wünsche eingegangen. M. zeigte uns gleich nach seiner Geburt, dass er zwar klein war, aber wahnsinnig bereit für den Start ins Leben. Als ich seine kräftigen Schreie hörte, konnte ich nicht mehr aufhören zu weinen. Anpassungsstörung – davon hatte mein kleiner Sohn noch nie etwas gehört.

Ich hatte ein gesundes Kind geboren, zwar durch den Bauch, aber ich hatte es geboren.

Später erzählte mir die operierende Ärztin, dass die Gebärmutterwand so stark ausgedünnt gewesen sei, dass sie kaum noch genügend Gewebe gefunden habe, um diese zusammen zu nähen. Sie hätte einer Spontangeburt nicht standgehalten. Da wusste ich, dass ich alles richtig gemacht hatte. Dass mein Bauch nicht umsonst Alarmsignale gegeben hatte. Dass das Bauchgefühl im doppelten Sinne richtig gelegen hatte. So ist es für mich jeden Tag ein bisschen leichter zu akzeptieren, dass ich nicht zu den Frauen gehöre, die ihre Kinder selbst geboren haben.

Dieser schwere Entscheid für einen weiteren geplanten Kaiserschnitt, führte mir einmal mehr vor Augen, was das Elterndasein wirklich bedeutet: Die eigenen Bedürfnisse zum Wohle unserer Kinder zurückzustecken. Und ich würde es immer wieder tun.

 

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