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Pränataldiagnostik: Fluch oder Segen?

Wenn im Ultraschall nicht alles so ist, wie es sein sollte

by Deborah

Ich habe sehr lange gebraucht, um diesen Artikel zu schreiben. Konkret fast ein Jahr. Denn am 10. März 2021 war der Tag des grossen Organ-Ultraschalls. Und in diesem sah eben nicht alles so aus, wie es sein sollte. Irgendwie hatte ich lange das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben, dass mein Baby eine Auffälligkeit hatte. Auch wenn ich rational genau weiss, dass dies nicht der Fall ist.

Verdacht auf Trisomie 21

Aber beginnen wir am Anfang. Respektive in der 13. Schwangerschaftswoche, als ich routinemässig zum Erst-Trimester-Test (ETT) antrat. Ich hatte den Sinn dieses Testes nie hinterfragt. Ich hatte ihn schon bei den beiden anderen Kindern gemacht und jeweils sehr gute Wahrscheinlichkeiten für alle Trisomien bekommen. Ich vertrat ganz klar den Standpunkt: „Es ist besser zu wissen, wenn etwas mit dem Baby nicht in Ordnung ist. Denn Wissen ist Macht, mit Wissen bekommt das Baby die bestmögliche Unterstützung.“

Tja, dieses Mal bekam ich keine gute Wahrscheinlichkeit. Alle Faktoren einzeln betrachtet waren zwar in Ordnung. In Kombination mit meinem Alter (ich war zu diesem Zeitpunkt 36 Jahre alt) bekam ich jedoch eine Wahrscheinlichkeit von 1:200 für Trisomie 21. Eine Woche lang lebte ich in der Hölle, bis der NIPT (nicht-invasiver Pränataltest über das Blut) Entwarnung gab. Im Nachhinein würde ich definitiv keinen ETT mehr machen und direkt auf den NIPT setzten. Oder zumindest das Resultat dessen nicht wissen wollen. Denn leider ist eine Wahrscheinlichkeit von unter 1:1000 immer noch Voraussetzung dafür, dass die Krankenkasse die Kosten für den NIPT übernimmt.

Wenn beim grossen Organultraschall nicht alles in Ordnung ist

Ich war für eine Weile beruhigt. Bis an diesem verhängisvollen Tag im März. Ich war in der 22. Schwangerschaftswoche und stellte mich beim Pränataldiagnostiker, der als Koryphäe auf seinem Gebiet gilt, für den grossen Schwangerschaftsultraschall vor. Ich freute mich auf den Termin. Hatten mir Freundinnen doch von seinen sensationellen Geräten vorgeschwärmt, ich könne mich auf wundervollstes Baby-TV freuen. Tja, das bekam ich nicht. Als er beim Herz angekommen war, wurde der Arzt plötzlich ganz ruhig. Ich hatte schon die Vermutung, dass etwas nicht stimmte. Er ging dann über zu anderen Organen und meinte zum Schluss, er müsse das Herz erneut prüfen. Er habe etwas nicht richtig darstellen können. Dies konnte er auch beim zweiten Versuch nicht.

Ich fragte, ob die Auffäligkeit am Herzen denn nach der Geburt von alleine zusammenwachsen würde. „Nein, das tut es nicht“, meinte er. Gleichzeitig teilte er mir mit, das er mich für eine Zweitmeinung ans Kinderspital überweisen würde und sagte mir, ich solle mir überlegen, ob ich eine Fruchtwasserpunktion wünsche. Er schätze die Möglichkeit, dass unser Kind einen seltenen Gendefekt habe, im einstelligen Prozentbereich ein.

Soll ich eine Fruchtwasserpunktion machen?

Für mich war sofort klar, dass ein Abbruch nicht in Frage käme. Egal was mit meinem Baby wäre. Der Entscheid für oder gegen eine Fruchtwasserpunktion hingegen fiel mir schwerer. Schliesslich gibt es dabei ein nicht zu ignorierendes Risiko für eine Fehlgeburt. Einige durchgeweinte Nächte später war mein Entscheid klar. Da das Kind so oder so in meinem Bauch bleiben durfte, war mir das Risiko einer Fehlgeburt zu hoch. Ich entschied mich gegen die Prozedur und für mein Baby.

Auch im Kinderspital konnte man uns auch nicht zu 100 Prozent sagen, ob unser Kind einen Herzfehler hätte. Allerdings war der Kinderkardiologe der Meinung, dass es sich beim Herzfehler bloss um einen VSD handle. Grössere Herzfehlbildungen könne er ausschliessen. Dieser Meinung schloss sich der Pränataldiagnostiker nach einem weiteren Ultraschall einige Wochen später an. Zunächst schien mir diese Unsicherheit grausam. Doch ich lernte schnell damit zu leben. Tröstete mich damit, dass es meinem Baby, so lange es in meinem Bauch war, gut ging. Und dass es, wenn es auf der Welt wäre, so gut wie möglich versorgt würde.

Ende gut, alles gut

An einem regnerischen Tag im Juli kam unser Baby zur Welt. Gleich nach der Geburt wurde Kleinbub von der Kinderärztin gründlich durchgecheckt. Ein deutliches Herzgeräusch war zwar vorhanden, ansonsten war er aber ein sehr vitaler kleiner Junge. Ein weiterer Herzultraschall zeigte den Grund für das Geräusch:  eine etwas grössere Öffnung zwischen den beiden Vorhofkammern, ein PFO oder ein ASD standen zur Debatte.

Weitere zwei Monate später war das Herzgeräusch weg. Das Loch im Herzen hatte sich geschlossen, Kleinbub entwickelte sich aller Prognosen zum Trotz prächtig. Im Nachhinein habe ich mich oft gefragt, ob diese ganze Pränataldiagnostik Sinn macht. Ob es vielleicht besser gewesen wäre, in der Schwangerschaft nicht so genau hinzuschauen. Das hätte mir unglaublich viel Stress erspart. Und doch bin ich froh, dass man das Baby in meinem Bauch so gut angeschaut hat. Ich entschied mich aufgrund der Auffälligkeit für ein Spital mit Neonatologie. Hätte Kleinbub Hilfe benötigt, wären wir dafür bereits am richtigen Ort gewesen.

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