Kennst du das? Du triffst jemanden, ganz im Sinne von Smalltalk wird nach deinem Befinden gefragt. Du stockst, weisst nicht, wie du antworten sollst. Antwortest du nun mit „Danke, gut, alles wunderbar!“, weil das so von dir erwartet wird? Schliesslich hast du gesunde Kinder, ein Dach über dem Kopf und genügend zu essen. Oder antwortest du vielleicht mit: „Danke dir, ein bisschen streng im Moment. Du weisst, kranke Kinder, viele Termin und so.“ Und hoffst, dass die Antwort dann nicht sein wird: „Ja gell, so ist das halt mit Kindern. Jetzt kommt ja der Frühling, da sind sie wieder gesund.“
Vermutlich wird sie das sein. Denn niemand wird nachfragen, wie es dir wirklich geht. Niemand will hören, wie erschöpft du wirklich bist. Niemand will wissen, wie unglaublich anstrengend das mit der Vereinbarkeit wirklich ist. Niemanden interessiert es, dass du jahrelang nicht geschlafen hast. Denn du bist ja selbst schuld. Du wolltest Kinder haben. Und dann noch so viele. Eins hätte ja auch gereicht. Eine andere Lösung hat niemand für dich. Denn diese Lösung würde ja heissen, das System grundsätzlich zu hinterfragen. Ein System, in dem Familien bis auf den letzten Rappen rechnen müssen, wieviel Prozent der Erwerbsarbeit sich lohnt. Ein System, das kollabiert, sobald auch nur ein Familienmitglied krank ist. Ein System, das unrealistische Erwartungen an alle stellt.
Wir Mütter müssen nicht alles schaffen
Und so sitzt du da. Lächelst. Trägst den besten Concealer, den du finden konntest. Machst einen Dutt, damit niemand deine fettigen Haare sieht. Zupfst ein bisschen an deinem Pulli rum, damit niemand deinen Mombody sieht. Nimmst schon wieder Schmerzmittel wegen deiner stressbedingten Migräne. Versuchst mit Engelsstimme mit deinen Kindern zu reden. Gott bewahre, dass du laut werden könntest. Dass jemand merken könnte, wie erschöpft du wirklich bist. Dass du am Rad drehst oder es gleich gar nicht mehr aus dem Hamsterrad schaffst.
Und du fühlst dich allein. Als Versagerin. Fragst dich, was eigentlich genau du falsch machst. Weshalb es nur dir so geht. Weshalb es alle anderen im Griff haben. Bis du dich entscheidest, über deine Erschöpfung zu reden. Das braucht Mut. Besonders wenn du keine Lösungsvorschläge hast dafür. Und plötzlich wirst du hören: „Hey, mir geht es imfall genau gleich.“ Plötzlich wirst du gesehen und gehört. Als Mensch wahrgenommen und nicht als Maschine, die zu funktionieren hat. Und das tut so gut.