Ich gebe zu, Familienmahlzeiten stressen mich. Meine Kinder können sich genau auf drei „Gerichte“ einigen, die alle mögen: Pasta mit Käse, Pizza (aber nur mit individuellem Belag) und Maiskolben. Bei „Alle“ meine ich nicht etwa alle Familienmitglieder, denn uns Eltern hängen die Kindergerichte ganz schön zum Hals heraus. Wortwörtlich.
Das eine Kind liebt cremige Gerichte wie Älplermagronen oder Zürcher Geschnetzeltes, das Andere hasst Milchprodukte. Das eine Kind liebt Wienerli im Teig, das andere popelt den Teig konsequent weg. Weizenprodukte? Werden höchst selten konsumiert. Das eine Kind entdeckt gerade asiatisches Essen, das andere beginnt zu weinen wenn auch nur ein Microgramm Pfeffer auf der Zunge landet. „Schaaaaaaaarf!“ Und dann gibt es noch das Kind, das je nach Phase zwischen fünf und zehn Lebensmitteln schwankt, die es überhaupt isst.
Bin ich zu wenig konsequent?
Und dann darf man nicht vergessen, dass sich die kindlichen Vorlieben ohne Vorwarnung von Tag zu Tag ändern. Hatte ich an einem Tag viel zu wenig Gulasch gekocht, weil sich die Kinder die Fleisch- und Rüeblistücke wortwörtlich aus dem Mund rissen, quittierten sie das Gericht einige Wochen später (Mutter hatte natürlich extra viel gekocht) nur noch mit einem Würgen.
Wenn ich dann frustriert nach einem Abendessen voller Nasengerümpfe die ungeliebten Resten wegräume, laufen mir auf Social Media die Ratschläge von selbsternannten Ernährungscoaches in den Feed. Die machen dann ganz tolle Reels wie „So isst dein Kind alles“, „Diese 5 Fehler solltest du bei der Kinderernährung nie machen“ oder „Picky Eater? Dann komm in mein Seminar“.
Ja, sind wir ehrlich. Zum Schluss läuft es oft darauf hinaus, dass sie mir ein Online-Semiar verkaufen wollen. Das weiss ich auch in der Theorie. Trotzdem fühle ich mich ganz schrecklich. Ist es etwa doch alles meine Schuld, dass meine Kinder so wählerisch sind? Immerhin hatte ich vor sehr langer Zeit ja mal auch behauptet, alles es sei alles eine Frage der Erziehung… (ja, Fehler muss man einsehen).
Gleiche Erziehung, unterschiedliche Ess-Vorlieben
Da ich drei Kinder habe, vermute ich, dass gewisse Dinge einfach genetisch vorgegeben sind. Ich habe alle drei Kinder gleich behandelt. Ich habe ihnen von Beginn an eine grosse Vielfalt an Nahrungsmitteln angeboten. Sie durften probieren, daran riechen, die Lebensmittel in den Mund nehmen, ausspucken. Essen mussten sie diese aber nie. Geschweige denn ihren Teller leer essen.
Und doch haben alle Kinder unterschiedliche Präferenzen: Das Eine liebt Oliven, Fisch und Risotto. Das Andere scharfe Curries, Pad Thai und Spaghetti Carbonara. Und eines isst hauptsächlich beige Nahrungsmittel. So kann ich es mir nur erklären, dass Geschmackvorlieben angeboren sind. Schliesslich riechen und schmecken auch alle Menschen anders.
Ich gebe zu: Manchmal koch ich einfach Dinge, auf die ich Lust habe und weiss, dass der Papa sie essen wird. Die Kinder dürfen immer probieren. Zwei tun das manchmal sogar. Und selten, sehr selten, aber manchmal geschieht es, entdecken Sie dabei ein neues Lieblingsessen.
Und das Kind mit den fünf tolerierten Nahrungsmitteln? Das darf diese auch weiterhin essen. Denn sonst isst es einfach nichts und wird immer dünner. As simple as that.