Lange Zeit habe ich mich nicht getraut, abends ohne den Babybruder wegzugehen. Als der Kleine aber um die vier Monate alt war und nicht mehr ganz so schlimm clusterte, meldete sich die Sehnsucht nach meinem alten Leben bei mir. Zumindest nach einem Leben, in dem ich mal zwei Stunden lang die Gegenwart von anderen Erwachsenen geniessen darf – so ganz ohne Baby.
Ich dachte mir, der Papa könne das ganz gut handeln. Wir wussten ja, dass der Babybruder auch aus der Flasche trinkt und inzwischen gemeinsam mit Klein C. ins Bett geht. Wie ich das herausgefunden habe? An den Abenden, an denen ich ganz selbstverständlich mit den beiden Kindern alleine zu Hause blieb. Weil der Papa noch Sitzungen hatte, auf Geschäftsreise war oder einfach mal mit seinen Freunden etwas trinken ging.
Stressfrei war die Situation für mich natürlich nicht. Schliesslich ist Klein C. im Moment sehr auf ihren Papa fixiert. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie oft sie in den vier Tagen, in denen der Papa in Berlin war, lauthals nach ihm geschrien hat. Pure Verzweiflung. Und für die Mama und ihre Ohren purer Stress. Aber ich habe die Situation geschaukelt, ganz selbstverständlich. Schliesslich gehört das nun mal zum Elternsein dazu.
Und dann schaute der Papa zu den Kindern
Als ich den Papa vor knapp einem Monat vor die vollendete Tatsache stellte, dass ich die Einladung zu einem Event angenommen habe, folgte dieser Dialog:
„Aber den Kleinen nimmst du schon mit? Du kannst ihn dir ja im Tuch anhängen?“
„Ääääääähmmm nein, eigentlich wollte ich einfach mal zwei Stunden als Erwachsene verbringen.“
„Aber der brauchte doch am Abend deine Milch?“
„Ja klar, ich habe ja von Medela eine Pumpe geschenkt bekommen. Ich schaue schon, dass genügend da ist!“
„Und wie bitteschön mache ich denn die Flasche warm?“
„Darf ich dich daran erinnern, dass wir von C. noch einen Fläschchenwärmer besitzen?“
Off: Es folgt eine längere Diskussion, in der ich ihm den Wärmer einstecke. Wasser einfülle. Die genauen Wärmzeiten erneut aufschreibe, etc.
„Aber was mache ich, wenn er weint?“
„Dann trägst du ihn herum.“
„Aber ich kann doch gar kein Tuch binden?“
„Darf ich dich an die teure Trage erinnern, in der du schon Klein C. getragen hast?“
Off: Es folgt eine längere Diskussion, in der ich ihm die Handhabung der Trage erkläre. Und auch die Tatsache, dass Babys allgemein gerne getragen werden – egal von wem. Und dann irgendwann bewundert er mich noch ein wenig dafür, dass ich unser 6.7 Kilogramm Baby täglich mehrere Stunden tragen mag.
Soweit so gut. Mama ging an den Popup-Shopping-Event, trank ein Glas Prosecco und war begeistert davon, dass sie nur ein panisches Telefon von ihrem Mann bekam. Der musste sie nämlich fragen, welches Lied Klein C. mit „Basdawawa“ meinte („The wheels on the bus“).
Und täglich grüsst das Murmeltier
Das ganze wäre ja ganz in Ordnung gewesen, wenn sich die gleiche, aber ich meine, genau die gleiche Szene sich drei Wochen später nicht wiederholt hätte. Und zwar, als Mama an die Premiere des Musicals „Traumfrau Mutter“ eingeladen war. Bevor ich ging, wollte der Papa sogar, dass ich ein Foto von ihm machte, wie er heldenhaft Pfannen schrubbte und gleichzeitig den Babybruder trug… nicht, dass Mama das nicht jeden Tag machen würde.
Nun gut, der Papa überlebte. Die Kinder auch.
Und Mama? Die hatte einen wunderschönen Abend zusammen mit ihrer Patentante und einem Glas Prosecco. Das Musical war witzig. Wir haben vor allem im ersten Teil Tränen gelacht. Es gab einfach zu viele kuriose Situationen, in denen ich mich genau wieder fand. Wobei „Traumfrau Mutter“ eher Theater als Musical ist. Gesungen wir leider sehr wenig.
Irgendwann, im zweiten Teil, wurde dann das Geschimpfe über Kinder und Ehemänner etwas repetitiv. Und ich dachte mir nur: „Sooooo schlimm ist es doch auch wieder nicht? Familie ist schliesslich auch etwas wunderschönes?“ Versöhnt mit dem Musical und mit mir selber zottelte ich nach Hause zu meinen Liebsten. Die hatte ich in den letzten drei Stunden nämlich ganz schrecklich vermisst.