Lange habe ich mir überlegt, ob ich darüber schreiben soll. Aber als ich gestern gelesen habe, dass der Arbeitgeberverband findet, Mütter sollen wieder ins Berufsleben einsteigen, um die Lücken, die durch die Pensionierungen der Babyboomer entstehen, zu schliessen, reichte es mir. Der Arbeitgeberverband findet tatsächlich, dass wir arbeiten sollen. Dafür müsste man uns auch einstellen. Ja, inzwischen habe ich eine tolle Stelle gefunden. Einen Beruf, für den sich der Spagat zwischen Mutterschaft und Berufstätigkeit lohnt. Aber das war nicht immer so.
Arbeitssuchend mit Baby
Als ich vor drei Jahren mit Klein C. schwanger war, war schnell klar, dass ich nicht in meine alte Stelle zurückkehren konnte. Das Ganze endete in einem Aufhebungsvertrag per Ende Mutterschaftsurlaub. Mein Kind war 16 Wochen alt, ich war auf dem RAV (die Stelle, die in der Schweiz Personen betreut, die arbeitslos gemeldet sind) und musste mit beinahe platzenden Brüsten zu Bewerbungsgesprächen antanzen. Eigentlich dachte ich mir, dass es ein Leichtes sein würde, eine Stelle zu finden. Vor meiner Schwangerschaft war ich eine begehrte Arbeitnehmerin. Ich brachte viel Arbeitserfahrung, tolle Referenzen, ein Master-Studium, Weiterbildungen und Mehrsprachigkeit mit. Deshalb waren mir immer mal wieder Stellen angeboten worden.
Aber mit Baby? Denkste. Ich wurde zwar zu vielen Bewerbungsgesprächen eingeladen. Insgesamt zehn Stück brachte ich innerhalb von drei Monaten hinter mich. Oft für Stellen, für die ich eigentlich überqualifiziert war. Ich muss dazu anmerken: Klein C. war zwar in meinem Lebenslauf aufgeführt, allerdings nicht mit Geburtsdatum.
Beim ersten Gespräch fiel ich aus allen Wolken: Nach einer vermeintlich guten Stunde wurde ich gefragt, wie alt mein Kind denn sei. Zuerst dachte ich an eine Nettigkeit, zum Schluss des Gespräches. Voller Mutterstolz entgegnete ich: „3 Monate und 1 Woche.“ Da meinte die HR-Verantwortliche: „Ach… das heisst also, sie haben noch keine Erfahrung in der Vereinbarkeit von Mutterschaft und Berufsleben?“ Da war das Gespräch gelaufen, die Absage folgte prompt.
Eine Frage, die Männern nie gestellt wird
Seither bahnte sich immer zum Schluss der Gespräche die Gretchen-Frage an: „Wie alt ist denn ihr Kind?“ Darauf folgten Kommentare zum Thema Schlafmangel, Krankheit und ob das Pensum nicht zu hoch für mich sei (wohlgemerkt, ich wollte 60 % arbeiten). Frustriert sprach ich meine RAV-Beraterin auf das Thema an: „Ach, wissen Sie, das ist ganz normal. Solange das Kind nicht mindestens 6 Monate alt ist, wird Sie niemand einstellen.“
Ich sass da. Weinte. Konnte es fast nicht glauben, dass ich durch mein grösstes Glück zur Persona Non Grata der Arbeitswelt geworden war.
Als Klein C. sieben Monate alt war, fand ich übrigens eine neue Stelle. Mir gegenüber sass eine tolle Chefin, die meine Kolumnen bei einer grossen Tageszeitung gelesen und für gut befunden hatte. Das Alter meines Kindes wurde nicht einmal thematisiert.
Der Papa übrigens sagte ein Bewerbungsgespräch ab, während ich in den Wehen lag. „Ich kann jetzt nicht telefonieren, meine Frau bekommt gerade ein Kind.“ Die Stelle bekam er trotzdem.
Solange in unserer Gesellschaft eine derartige Ungleichbehandlung zwischen Müttern und Vätern besteht, verstehe ich jede Frau, die sich den ganzen Stress nicht antun möchte und sich dafür entscheidet, sich voll und ganz der Kinderbetreuung zu widmen. Und solange ist es ein Witz vom Arbeitgeberverband zu fordern, dass wir mehr arbeiten sollen. Ich hoffe, dass ein Umdenken stattfindet, bis Klein C. selbst Mama wird. Ich auf jeden Fall werde mich weiter dafür einsetzen, dass Gleichstellung nicht nur auf dem Papier existiert.
4 comments
Ich finds so mutig, dass du darüber schreibst. Mir gehts es seit Jahren so und obwohl ich genau aus diesem Grund mal einen Blog gestartet habe, schäme ich mich so fest deswegen, dass ich mich dazu nicht wirklich äussern kann. You rock!
Danke für diesen Text
Genau so ist es!! Ich wollte beim Wiedereinstieg während der Elternzeit abwechselnd vormittags und nachmittags arbeiten, was in meinem Job absolut kein Problem ist. Naja, für meinen Chef war es ein riesen Problem und es hat einiges an Diskussion gebraucht, bis das erlaubt wurde!! Und siehe da, es ist tatsächlich kein Problem!
Ich wurde nach der Elternzeit gekündigt, angeblich aus wirtschaftlichen Gründen, aber ich vermute, weil sie Angst hatten, ich könnte noch ein zweites Kind bekommen (wonach ich zuvor mehrfach gefragt wurde). Ich habe ebenfalls eine gute Vita, hab mich total gefreut wieder arbeiten zu können und bin nun unendlich traurig und erschüttert und es macht mich wütend zu lesen, dass auch andere Frauen ähnliche Probleme haben. In der heutigen Zeit sollte das in der Ausprägung kein Thema mehr sein 🙁